Basics
Wenn es sich um Problembereiche mit dem Hund dreht, dann stehen zwei Themen im Vordergrund: Das starke Ziehen an der Leine und Leinen-Aggressionen. Diese beiden Themen sind häufig miteinander verknüpft. Die Entwicklung einer Hunde- Persönlichkeitsstörung hat in der Regel mit der Art der Führung des Hundes zu tun und den Herausforderungen, die sich hieraus für ihn ergeben.
Im Folgenden wird möglichst detailliert darauf eingegangen, wie sich die Führmittel Brustgeschirr und Halsband auf den Hund auswirken.
Während der ersten Phase der Sozialisation lernt der Hund sich und die Umwelt einzuschätzen. Dies geschieht vor allem in den ersten 1,5 Jahren (Abschluss etwa mit 3 Jahren).
Wenn er in dieser Zeit sehr oft angeleint ist und an der Leine nicht interagieren kann, dann wird diese Entwicklung sehr stark erschwert.
Dinge, die eintreten können, wenn der Hund viel und/oder mit falschem Führmittel an der Leine geführt wird:
Oftmals wird der Hund unbewusst vom Halter dazu provoziert, an der Leine zu ziehen. Dies entsteht, weil dieses ursprünglich reflexbedingte Verhalten des Hundes durch gewisse Führmittel wie z.B. Halsband und Brust-Geschirr automatisch ausgelöst wird. Das heisst, der Hund wird vom Halter sogar unbewusst zum Ziehen aufgefordert durch:
Jedes geborene Lebewesen kommt zunächst sehr stark ICH-bezogen auf die Welt. Es denkt, dass das eigene Verhalten eine RE Aktion AUF DAS Verhalten des Gegenübers ist und von Dingen, die es empfindet (Instinkte & Reflexe).
Das Lebeweisen weiß noch nicht, dass es mit dem eigenen Verhalten auch RE-aktionen bei anderen auslöst oder grundsätzlich Einfluss auf etwas hat. Es handelt ausschließlich reaktiv. Das heißt, dass es aus SEINER EIGENEN SICHT auf das Äussere RE AGIERT, also nicht darüber nachdenkt, dass es auch auf das Gegenüber WIRKT und das Gegenüber auch wiederum meint, nur zu RE AGIEREN (auf das, was ihm widerfährt).
Wenn der Hund spürt, dass die Leine straff ist (Druck am Hals oder der Zug nach hinten durch Brustgeschirr), dann weiß er nicht, dass das damit zusammenhängt, dass er NACH VORNE gegangen ist. Aus seiner Sicht PASSIERT dann plötzlich etwas mit ihm. Er versucht dann eine Lösung dafür zu finden. Er reagiert dann zunächst rein intuitiv, z.B. mit Sich-Rauswinden-Wollen oder Nach-Vorne-Wegsprinten. Er macht daraufhin weitere Erfahrungen und lernt dann, dass Verhalten A (versuchen zu fliehen) zu Verhalten B (Stress, Bestrafung) führt und sucht dann wiederum nach einer Lösung den Stress und/oder die Bestrafung zu umgehen.
Das heißt: Der Hund lebt in einer Welt, in der er glaubt, dass der Stress/die Bestrafung IHM angetan wird und er versteht folglich nicht, dass er selbst den Zug an der Leine auslöst. Er denkt, dass AN IHM GEZOGEN WIRD und er RE agiert entsprechend darauf (da er das nicht möchte).
Da wir Menschen mit dem Hund nicht auf Hunde-Sprache kommunizieren (durch Bewegungen, Mimik und Gestik), sondern ihn mit der Leine kontrollieren wollen, hat der Hund ein Problem, uns zu verstehen. Dies können wir abmildern, indem wir die richtige Führweise wählen und intuitiv angelegtes Verhalten verstehen.
Der Hund würde in der freien Natur das "Angeleint-Sein" als eine drastische Einschränkung seiner Reaktionsfähigkeit, aber auch seiner Handlungsfähigkeit empfinden. Das könnte für den Hund auch tödlich enden, da er sich bei einer Gefahr nicht abwenden könnte und er auch in seiner Fähigkeit zu kommunizieren (z.B. über räumlichen Abstand, langsam näher kommen, sich umdrehen, weglaufen), eingeschränkt wäre. Deswegen ist es in der Regel sehr schwierig, Hunde an die Leine zu gewöhnen, welche nicht damit aufgewachsen sind.
Hunde versuchen ständig, sich TROTZ Leine artgerecht zu verhalten. Das heißt, sie versuchen sich trotz Einschränkung "gesund" zu verhalten. Dazu gehört Verhalten nachzugehen, das ihrer Entwicklung dienlich ist. Die meisten Hunde sind trotz Leine vor allem friedlich und kompensieren (deeskalieren) sehr viel. Das liegt daran, dass Tiere nicht gewalt affin sind, also sie versuchen Gewalt zu vermeiden (deswegen beißen sie auch in die Leine und nicht in die Hand, obwohl sie diese brechen könnten und dann "frei" wären). Zu trennen davon ist männliches Machtgerangel, das auf uns Frauen wie Gewalt wirkt, das aber zum männlichen Big Boss Verhalten gehört. Das wird in der Natur nur dann eingeschränkt (von Weibchen), wenn die ganze Gruppe dadurch in echte Gefahr gerät. Wenn sich Männchen umbringen wollen, dann greifen Weibchen da in der Regel nicht ein, außer es handelt sich um ihre männlichen Nachkommen, die noch nicht ausgewachsen sind (Mütterbindung).
Um den Hund an un-natürliche Dinge heranzuführen (wie z.B. das Führen an der Leine), ist es optimal, das zu tun wenn er "Säugling" oder Junghund ist (wie auch bei uns Menschen), denn dann lernt sein Gehirn durch Gewöhnung.
Wichtig ist, den Hund früh an die Leine zu gewöhnen und das in kurzen Zeiträumen und mit dem richtigen Führmittel. Das Leinelaufen sollte nur kurz täglich stattfinden, denn der Hund braucht viele Erfahrungen für seine Entwicklung, die er an der Leine nur schwer umsetzen kann. Gewisse interaktive Erfahrungen dienen dem Hund später dazu sozial kompetent sein zu können, sich einschätzen zu können und auch leinenlos weder andere zu gefährden, noch sich selbst. Er ist dann auch ein perfekter Hund für andere jüngere Hunde, die von ihm angemessenes Sozialverhalten lernen. Vor allem kleine Rüden sind darauf angewiesen mit großen sozialisierten Rüden klarzukommen, damit diese sie nicht einfach umhauen. Beide Gruppen müssen lernen, wie der andere tickt und wo Grenzen sind. Für Kleinhund Besitzer eine besonders anspruchsvolle Aufgabe, besonders wenn ihr Hund männlich ist.
Wir können unseren Hunden nicht das an der Leine laufen ersparen, wir können jedoch verstehen, was es für den Hund bedeutet an der Leine zu laufen und welche Faktoren das Laufen an der Leine die Situation für den Hund erschweren.
Unser Ziel ist es. einen gesunden Hund zu haben, der friedlich und entspannt an der Leine läuft, weil er sich an uns orientiert und unsere Signale lesen kann. Den Hund an der Leine kontinuierlich zu bedrohen, damit er leinenführig wird, ist keine Lösung, wenn Sie einen gesunden und sozial kompetenten Hund haben möchten.
"Das Zugverhalten wird durch den Zug von hinten verstärkt (Brustgeschirr). Die Aggression wird hingegen durch das Zuziehen der Halsweichteile bei Begegnung mit anderen Hunden verstärkt (Halsband). Dafür braucht es Lösungen."
Kommunikationswissenschaftlerin und Soziologin (M.A.)
Gründerin "Der Hundegefährte"
oder:
Warum Hunde am Brustgeschirr sich genau in die andere Richtung drücken, in die sie sollen.
Sie kennen das:
Sie ziehen Ihren Hund zu sich und er wirft sich genau in die ENTGEGENGESETZTE Richtung. Er bleibt nicht einfach stehen oder geht nach hinten, wenn sie ihn nach links zu sich ziehen. Nein, bei Zug nach links, muss er sich nach rechts drücken.
Mit ganzer Kraft.
Insbesondere am Brustgeschirr ist zu beobachten, wie Hunde sich immer förmlich in die ENTGEGENGESETZE Richtung werfen aus der man sie zieht. Warum reagiert ein Hund so?
Der Hund auf dem Bild beugt sich zur Seite, da der Zug hinten am Rücken für ihn ein "Zurückziehen" bedeutet. Das beantwortet der Hund biologisch immer zunächst mit einem Gegenzug in die entgegengesetzte Richtung. Diese natürliche Reaktion von Hunden wird im Jagd- und Zugsport genutzt, damit Hunde beispielsweise einen Reiz stärker anvisieren. Wenn ihr Hund beispielsweise gerade einen Geruch in der Nase hat, dem er nachgehen will, dann wird das Ziehen von hinten diesen Geruch noch stärker in seinen Fokus rücken. Das ist in etwa so, als ob dem Hund "Scheuklappen" aufgesetzt würden. Deshalb ist er dann automatisch noch weniger steuerbar für den Menschen. Während der Hund bevor die Leine straff wird, den Baum, die Wiese, einen Hund auf der anderen Straßenseite, das Geräusch vom Auto wahrnehmen kann und mit diesen Eindrücken zeitgleich beschäftigt ist, verändert sich sein Wahrnehmungsfeld bei Straffung der Leine in eine Art "Tunnelblick".
Trägt ein Hund ein Brustgeschirr und erreicht das Ende der Leine und nimmt dann einen Ruck im Rückenbereich wahr, dann verengt sich seine Wahrnehmung und der Reiz (z.B. der Hund, der ihm gerade entgegen kommt) nimmt sein ganzes Wahrnehmungsfeld ein. Das heißt, dass plötzlich der Fokus NUR NOCH auf dem Hund gegenüber liegt. Während zuvor der Hund auch noch den Baum, Sie, die Wiese und den Pipifleck 2,50 m von ihm im Blick hatte, sind die nun Pfutsch aus seiner Wahrnehmung. Sie erleben dann also eine Verstärkung des Zugverhaltens, weil sich der Hund nun VOLLSTÄNDIG auf den STÄRKSTEN Reiz fokussiert.
Es muss nicht der Gegenüber Hund sein, auf den der Hund sich dann fokussiert. Er fokussiert sich bei Straffung der Leine am Brustgeschirr auf den Reiz, der für ihn am interessantesten ist. Das kann auch der Geruch von Igel Kot sein. Ist der interessanteste Reiz jedoch der Gegenüber Hund und die Halterin reagiert zusätzlich mit Anspannung, wird der Hund sich besonders stark auf den Gegenüber-Hund fokussieren, da er die emotionale Reaktion seiner Halterin wahrnimmt. Je angespannter die Halterin und je stärker sie versucht den Hund wegzureißen, um so angespannter und fokussierter wird der Hund auf den Gegenüber Hunden sein. Insbesondere in der Konstellation Rüde-Rüde. Auch wer an der Leine des Gegenüber Hundes "dranhängt", ist für den Hund relevant.
Über die Zucht (Generationen-übergreifend) wird das noch verstärkt. So, dass der eine Hund besonders wild wird, wenn er ein Kaninchen sieht und der andere Hunde besonders wild, wenn er rennen kann.
Wenn Sie ein Brustgeschirr nutzen und den Hund hinten befestigen, dann wird das Zugverhalten des Hundes sich also verstärken. Und er wird genau in die andere Richtung ziehen, in die Sie ihn ziehen wollen.
Der Hund reagiert auf das Ziehen von hinten, wie wir Menschen: Er versucht nach vorne wegzuziehen. Denn der Hund meint SIE zögen ihn zurück (nach hinten). Er prescht also nach vorne.
Das nennt sich in der Fachsprache "Oppositonsreflex" (Gegenteil - Reflex) und gehört zur Standardausbildung des Hundetrainers.
Deswegen lehnen viele Hundetrainer die Verwendung ab und deswegen machen viele Hundehalter die Erfahrung, dass ihr Hund am Brustgeschirr noch stärker zieht als am Halsband.
Der Modus, in den der Hund "springt", wenn er nach hinten gezogen wird, nennt sich "Hatz" und leitet sich vom Verb "hetzen" ab.
Dieser Modus wird weltweit in der Nutztierhaltung eingesetzt wird, um Hunde zum Ziehen oder Jagen zu motivieren.
Im Folgenden Video sehen Sie einen Hund in Aktion. Canicross nennt sich dieser Trend. Dabei laufen Halterin und Hund gemeinsam und der Hund zieht vorneweg. Insofern Sie nicht beabsichtigen Ihren Hund zur Unterstützung beim Laufen für sich zu verwenden, ist das Führen am Rücken nicht zu empfehlen. Falls Sie das doch beabsichtigen, dann verwenden Sie kein Brustgeschirr mit einem Vordergurt, der über die Schultern verläuft (das drückt permanent gegen die Schultern).
oder:
Warum Zug-provozierende Führung nicht gleichzeitig Zug-mindernde Führung sein kann
Wenn Sie Ihrem Hund an einem Brustgeschirr beibringen möchten langsamer zu laufen, dann SOLLTEN Sie verhindern, dass die Leine straff wird.
Das heisst, Sie müssen mit ihrem Hund so trainieren, dass ihr Hund sich verlangsamt bevor es zu Straffung der Leine kommt.
Denn wenn das Ende der Leine erreicht ist und der Hund es so empfindet, dass ihn am Rücken etwas zurückzieht, wird er all seine Muskelkraft aufwenden, um sich in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen. Der Zug am Rücken versetzt den Hund in die Hatz (Hetzen).
Wird der Hund während der Hatz seitlich ständig "angesprochen" durch andere Reize, auf die er reagieren muss (wie andere Hunde) kann das zu Leinenaggressionen führen. Manchmal versuchen Hunde auch Hunde, die aus ihrer Sicht "grundlos" auf Hochspannung sind, zu beruhigen z.B. indem sie besonders freudig wedeln.
Das im Hund ausgelöste Gefühl, wenn er während der Hatz (besonders starke Fokussierung auf einen Reiz) konfrontiert wird mit anderen Reizen (auch ständiges gerufen werden gehört dazu), lässt sich in etwas mit folgender Situation vergleichen: Sie konzentrieren sich gerade auf eine Aufgabe und ständig piekst jemand Ihnen ans Ohr oder ruft Sie: Sie werden gereizt und genervt.
Leinenaggressionen treten dennoch bei Brustgeschirren seltener auf als bei Halsbandträgern, da das Brustgeschirr das Ziehen des Hundes nicht mit Schmerz beantwortet. Das heißt, dass der Hund beim Ziehen am Brustgeschirr keine Schmerzen wahrnimmt, die ihn reizen könnten. Bei Brustgeschirren mit Gurt auf den vorderen Schultern, nimmt der Hund einen Druck war, aber keinen Druck/Schmerz, der in ihm Todesbedrohung auslöst. Das liegt an dem Punkt des Drucks: Fester Druck gegen die Schulter ist nicht vergleichbar zu festem Druck auf die Kehle. Letzteres versetzt den Organismus in einen Alarmzustand aufgrund der Sensibilität des Bereichs. Hunde beißen sich in den Hals, wenn sie in einem ernstzunehmenden Kampf sind. Sie beißen nicht gegen die Schulter, weil sie damit nicht töten könnten (wenn sie wollten).
Bei dem verstärkten Ziehen, welches eintritt, wenn ein Hund von hinten (im Rückenbereich) geführt wird, handelt es sich daher um eine natürliche Reaktion.
Die Kraft des Hundes kann sich dann so massiv verstärken, dass er Sie umwirft. Das tut er nicht, um sie zu verletzen oder weil er keinen Respekt vor ihnen hat, sondern er reagiert so aufgrund des in ihm biologisch angelegten Mechanismus, der automatisch anspringt.
Je schneller die Leine sich aus seiner Sicht PLÖTZLICH strafft, desto stärker seine Reaktion.
Dieses Verhalten ist auch abhängig von Rasse, Alter, Reizen und dem Geschlecht (Rüden meist stärker als Weibchen). Ein Husky, Border Collie oder Schäferhund wird in der Regel sehr viel stärker nach vorne preschen als ein Mops, Chihuahua oder Bobtail.
Ein Rüde, der ein angezüchtetes Verteidigungsverhalten in sich trägt, wird bei einer ängstlichen Halterin stärker nach vorne preschen, als bei einer selbstsicheren Halterin. Dabei liegt es leider in der Natur der Sache, dass das ständige Vorpreschen die Halterin auf Dauer verunsichert und sich daher die Lage meist verschlimmert.
Da das Brustgeschirr keine Bedrohung für den Hund darstellt, ist es auch in den meisten Fällen unmöglich einem Hund Leinenführigkeit am Brustgeschirr beizubringen. Hier fehlt das für den Hund bedrohliche Element, um ihn mittels sich wiederholenden Leinenruck in ein Vermeidungsverhalten zu zwingen. Einige Hunde werden aber mit dem Alter ruhiger und der ständige Hatztrieb "nutzt" sich ab. Auch weil sie die Erfahrung machen, schwer das Ziel zu erreichen. Problematisch ist es dann nur noch dann, wenn Trigger wie Katzen, Fahrräder, Jogger oder Autos auftauchen und die Leine sich strafft.
Grundsätzlich können Tiere nur am Rücken geführt werden, wenn Sie für den Menschen kräftemässig steuerbar sind. Eine Führung von Pferden mit einer Art Brustgeschirr wäre unmöglich, da die Pferde durchgehen würden und der Mensch kräftemässig nicht dagegen halten kann. Deswegen werden Pferde von vorne geführt. Bei Pferden wird nur der Kopfbereich nach hinten "gezogen". Auch das löst die Hatz auf (Laufen), aber durch das Umlenken des Kopfes nach links oder rechts kann das Laufen unterbrochen werden. Schlittenhunde werden daher mit Brustgeschirr (Hatz auslösend) geführt und tragen ein Halsband mit dem der Schlittenführer mittels Ruck den Hund aus der Hatz (dem Sprint) reißt und ihn abbremst.
Wenn Sie Ihren Hund am Brustgeschirr führen und er (aus seiner Sicht) loslaufen soll und sie ihn dann mittels Ruck am Hals zum Stehen bleiben bewegen wollen, dann wird das für den Hund schwierig nachzuvollziehen sein. Sein Gehirn muss verarbeiten, dass er unmittelbar nach dem Signal Ziehen zu sollen, wieder stehen bleiben soll. Das kann zu schweren Störungen führen.
Einige Hersteller und Hundetrainer empfehlen den Hund von vorne oder am Halsband zu führen UND VON HINTEN ZU FÜHREN (am Rücken einzuhaken). Das ist für den Hund in etwa so, als würde Sie jemand nach vorne schubsen und dann wieder nach hinten schubsen. Besonders brutal ist es für den Hund, wenn beim Schritt nach vorne sich der Hals zuzieht und von hinten das Signal zum Ziehen ausgelöst wird (durch Zug am Rücken). Diese Hunde fallen oft durch besonders aggressives/angespanntes Verhalten auf, das FOLGERICHTIG ist in Hinblick auf biologisch angelegte Instinkte. Bitte denken Sie das logisch durch und vermeiden sie Personen, die sich als Experten ausgeben und solche Ratschläge geben. Sie sind für Sie und ihren Hund eine Gefahr. Diese Personen werden bei Konfrontation damit aggressiv reagieren und ERSICHTLICHE Zusammenhänge leugnen, um ihr Gesicht nicht zu verlieren.
"Für den Hund ist es eine unfassbare Anstrengung zu lernen auf einen Reiz genau entgegen gesetzt zu reagieren, als es natürlich in ihm angelegt ist.
Ihn vom Ziehen abzuhalten, während er gleichzeitig zum Ziehen provoziert wird (durch den Zug von hinten), ist für ihn in etwa so, also würde man von uns Menschen erwarten, dass wir bei einem Knall NICHT nach vorne weg laufen, sondern rückwärts Richtung Knall.
Die wenigen am Brustgeschirr laufenden Hunde, die nicht ziehen, sind daher meist hochgradig angespannt. Sie nutzen dann die Zeit draussen nicht, um zu schnüffeln und zu "lesen", sondern laufen wie ein Ballerina auf Zehenspitzen und erleben nicht die für sie notwendigen Ruhe-Erkundungsphasen (Schnüffeln, Rumgucken, in Ruhe Kot ablassen). Diese wären genauso wichtig wie die Schlafphasen Ihres Hundes, um sich zu sortieren und Eindrücke zu sammeln, verarbeiten und sich ordnen zu können.
Kommunikationswissenschaftlerin und Soziologin (M.A.)
Gründerin "Der Hundegefährte"
Aufgrund der Tatsache, dass Brustgeschirre das Zugverhalten des Hundes provozieren, gibt es im Hundebereich zwei miteinander konkurrierende Gruppen: Hundetrainer, die das Brustgeschirr verwenden, da Sie die gesundheitliche Konsequenzen des Hundes durch das Rucken am Hals verhindern möchten und Hundetrainer, die das Halsband verwenden, damit sie dem Hund die Angst vor der Bewegung mittels Halsruck vermitteln und damit das Ziehen geringer wird. Der Hund soll dann aus Angst Bewegung vermeiden oder Bewegung folgen.
Dieser Konflikt findet deswegen statt, da im Hundebereich heute deutlich mehr Frauen tätig sind als früher. Sie möchten das Rucken am Hals nicht und sind somit auf der Suche nach gesundheitsförderlichen Alternativen. Denn die Vermittlung von ständiger Bedrohung kann sich nicht nur negativ auf die Gesundheit auswirken, sondern auch die Lebensdauer verringern.
In unseren heutigen Gesellschaft, in welcher der Hund als Gefährte gesehen wird und nicht mehr als Nutztier, ist es für Halterinnen (und zunehmend Haltern) durchaus wichtig, dass Ihre Hunde lange und gesund leben. In der Nutztierhaltung dient der Hund rein der Erfüllung der Bedürfnisse des Hundeführers und dort wird er ausgetauscht, sobald er nicht mehr funktionsfähig ist.
oder:
Warum Hunde am Halsband oft krank und aggressiv werden, aber weniger ziehen.
Die klassische Führung des Hundes, ist die Führung am Hals. Das heißt, dass der Hund entweder ein Halsband trägt, ein Zu-Zieh-Halsband oder ein Stachelhalsband. Diese lösen bei Zug an der Leine Druck oder Schmerz aus (hängt von der Intensität ab).
Warum wird das Führen am Halsband empfohlen?
Bei dem Training mit Halsband wird angenommen, dass der Hund durch das unangenehme Gefühl am Hals bei Zug das Ziehen unterlässt.
Das hündische Gehirn soll lernen, dass das unangenehme und bedrohliche Gefühl am Hals wegfällt, wenn er nicht die Länge der Leine ausreizt. Es wird angenommen, dass der Hund dann folgende Reiz-Reaktion-Kette lernt:
Wenn ich mich von meinem Halter weiter entferne als der Radius meiner Leine ist, dann erfahre ich eine Bedrohung, also vermeide ich es den Radius auszureizen und gehe lieber bei Fuß.
Halterinnen und Halter folgen oft diesem Ratschlag, obwohl sie sich intuitiv dagegen streben. Für sie ist die Logik aber zunächst einleuchtend:
Wir Menschen vermeiden auch, was Schmerzen in uns verursacht.
Gleichzeitig wollen aber viele Menschen keine Schmerzen auslösen.
Viele Kundinnen sind daher oft sehr stark verzweifelt. Sie wissen, dass ihr Hund immer aggressiver und aufgeregter wird am Halsband.
Ein klassischer Satz im Hundetraining, der rein der Verwirrung dient, ist: "Lassen Sie die Leine locker, wenn der Hund an der Leine zieht". Es wird damit gesagt, dass der Druck am Hund den Gegendruck seitens des Hundes verstärkt und eigentlich nichts anderes möglich ist, als dem nachzugeben. Dann aber wiederum ergibt es doch auch überhaupt keinen Sinn dem Hund mit Druck beibringen zu wollen, dass er nicht Druck auf die Leine ausüben soll? Halterinnen sind häufig verwirrter und erschöpfter NACH dem Hundetraining als davor. Der Hund auch.
Bei weiblichen Halterinnen und Rüden kommt noch der Geschlechteraspekt hinzu: Der Rüde sieht die Frau territorial und will sie „beschützen“ vor anderen Männchen, die eine Bedrohung für seinen Status bei ihr sein könnten.
Deswegen sind es insbesondere Frauen, die ihren Hund nicht in „Griff“ bekommen. Versucht eine Halterin beim Rüden oder einer Hündin das Alpha Mann Prinzip anzuwenden, führt das häufig zu Vertrauensverlust, da der Hund dies als Gewalt wahrnimmt. Nur Männchen untereinander kennen dieses Prinzip und nutzen es, um ihren Status und ihre Macht zu vergrößern.
Wie wirkt das Halsband auf den Hund?
Wir vermeiden, was Schmerzen ins uns auslöst. Auch der Hund vermeidet Schmerzen, und reagiert logisch: Er möchte die Ursache für den Schmerz/die Bedrohung loszuwerden.
Der Hund am Halsband versucht den Druck am Hals zu vermeiden, indem er biologisch logisch handelt: Er versucht sich rauszuwinden, bäumt sich auf, bellt und/oder beißt. Das ist eine biologisch logische Reaktion. So würden auch Sie zunächst reagieren, wenn jemand Druck auf ihren Halsbereich ausübt.
Wenn Sie mit dem Laufen nach vorne (denn alle Lebewesen laufen vorwärts, wenn sie eine Bedrohung wahrnehmen) ihr Ziel nicht erreichen, dann würden Sie versuchen sich rückwärts rauszuwinden. Sie würden versuchen die Schlinge zu verlassen und nicht versuchen mit der Schlinge so zu laufen, dass diese auf ihren Hals drückt. Sie würden die Ursache der Bedrohung verlassen wollen und nicht mit der geladenen Waffe am Kopf gemütlich spazieren gehen.
Menschen verzweifeln daher am Hund, der das nicht mit sich machen lässt. Je älter der Hund und je später er an das Halsband gewöhnt werden soll, desto schlimmer und stärker die Gegenreaktion meist. Viele Halterinnen versuchen das Problem abzumildern, indem sie das Halsband locker um den Hals legen. Das heißt, es wird gehofft, dass der Hund während die Leine locker ist, das Halsband nicht so stark wahrnimmt. Das kann auch wirklich so sein, da bei lockerer Leine der Druck dann weniger stark ist. Das Problem ergibt sich dann, wenn Spannung auf die Leine kommt: Der Hund kann sich nun wesentlich einfacher befreien.
oder:
Warum die Abwehr gegen das Halsband mit weiterer Gewalt bestraft werden muss.
Das Führen am Halsband wird damit begründet, dass der Hund dadurch lernen könnte, dass es für ihn zum Vorteil wäre, wenn er auf gleicher Höhe läuft, es vermeidet andere Hunde treffen zu wollen, sich "auszutauschen" oder markieren und schnüffeln zu wollen.
Da diese Verhaltensweisen aber biologisch im Hund angelegt sind und zu der Entwicklung einer selbstsicheren und erwachsenen Identität gehören, ist es nahezu unmöglich einen gesunden und zeitgleich am Halsband ruhigen Hund zu haben. Diese Faktoren widersprechen sich.
Wenn ein Hund das Fluchtverhalten am Halsband aufgegeben hat, dann hat er das getan, weil er ein "Vermeidungsverhalten" an den Tag legt.
Ein Vermeidungsverhalten wird dann an den Tag gelegt, wenn der Organismus eines Lebewesens entscheidet, dass ein Verhalten gegenüber dem anderen Verhalten bedrohlicher ist. Das wäre z.B. bei uns Menschen so, wenn wir lernen würden, dass das Aussprechen von etwas, das wir denken mit Todesbedrohung beantwortet wird (Gewalt, Schlag, Schlafentzug, Liebesentzug, Aussetzen, Nahrungsentzug).
Das heißt, der Organismus eines Lebewesens wägt gegeneinander ab und sucht Kompensationsmechanismen. Das ist bei männlichen Tieren häufig die Gewalt gegenüber anderen und bei weiblichen Säugetieren der Rückzug. Wobei das abhängig anderer Bedingungen auch anders sein kann. Z.B. wenn der Rückzug immer an einen Ort stattfinden muss, wo das Weibchen bedroht ist. Ebenso können Männchen Rückzugsverhalten als Kompensation wählen, wenn aktives Verhalten mit noch stärkerer Gewalt beantwortet wird.
Einige Hunde beißen in die Leine oder verweigern sich dem Halsband. Bei anderen wird es so extrem, dass sie das Gassi gehen ganz verweigern. Was vielen gemeinsam ist: Sie entwickeln starke Aggressionen, flippen an der Leine aus und/oder schnappen nach anderen Hunden, da sie fälschlicherweise davon ausgehen, dass diese der Grund für das Zuziehen ihres Halses verantwortlich sind.
Oft wird darauf mit der Empfehlung geantwortet ein Zu-Zieh-Halsband zu kaufen. Das Zu-Zieh-Halsband bestraft, das aus dem Halsband entstandene Verhalten indem der Hals vollständig von allen Seiten zusammengezogen wird. Gehofft wird, dass das den Widerstand des Hundes bricht. Funktioniert das nicht, dann werden Stachelhalsbänder oder Elektroschocker genutzt. Es hängt also davon ab, wie stark die Bedrohung vom Hund empfunden wird, ob er aufgibt und "leinenführig" ist oder im Widerstand bleibt.
Männliche Hunde reagieren meist extremer als Weibliche. Das liegt daran, dass der männliche Hund in der Natur handlungsfähig bleiben müsste, weil er mit anderen Rüden konkurriert, nämlich um den Status bei den Weibchen. Rüden von Halterinnen reagieren daher auch stärker mit Aggressionen als von männlichen Haltern. Männliche Halter wiederum empfinden in der Regel weniger Widerstände am Hals des Hundes zu rucken und können ihn so besser kontrollieren. Bei der Erziehung ist der Leinenruck ein sehr wichtiges Element, um die Bedrohung aufrecht zu erhalten. Wird zu wenig geruckt, dann wird der Widerstand nicht gebrochen.
Die vom Hund empfundene Bedrohung muss sehr groß sein, um den Widerstand zu brechen. Bei nicht allen Hunden gelingt das. Viele sind lange in der Abwehr und entwickeln auch körperliche schwere Symptome. Neben den gesundheitlichen Faktoren ist auch der Aspekt der sozialen Kompetenz relevant: Viele Halsband Hunde können aufgrund der stetigen Erfahrung „anderer Hund = Hals wird zugezogen“ nicht mehr sozial kompetent agieren. Für ihn wird alles zur Bedrohung und damit sind auch alle andere die auf ihn treffen bedroht. Oft kommt es zu Konflikten, wenn Halter sozial inkompetenter auf Halter sozial kompetenter Hunde stossen.
"Betrachten Sie die Welt aus der Sicht des Hundes, dann verstehen Sie auch seine Welt."
Kommunikationswissenschaftlerin und Soziologin (M.A.)
Gründerin "Der Hundegefährte"
Während der einen Halterin gesagt wird, dass sie Ihren Hund am Rücken einfach ständig drehen soll und der anderen Halterin gesagt wird, dass sie einfach ständig am Hals rucken soll, stellt sich die Frage, warum natürliche Prinzipien der Kommunikation einfach ignoriert werden:
Die Führung von vorne wird bei größeren Tieren (Kühen, Pferde, Elephanten, Zebras) und bei aufrechten Tieren (Menschen) angewendet, um sie zu "lenken". Dabei nehmen wir Menschen z.B. an die Hand (da es nicht ihre Vorderbeine sind), sprechen Sie von vorne an und kommunizieren über Blickkontakt. Sprechen wir Menschen von hinten an, dann drehen sie sich um. So machen Hunde das auch.
Die Wahrnehmung der Welt NACH VORNE und VON VORNE hat etwas damit zu tun, dass unser Sichtbereich vorne ist und wir uns auch naturgemäß NACH VORNE bewegen. Eigentlich kommunizieren Hunde, wie Menschen (ursprünglich) nicht ganz frontal zueinander. Das heißt, sie stehen sich nicht 1 zu 1 auf gerade Linie gegenüber. Das sehen wir in Western Filmen, wo sich Männchen duellieren. Die Körperhaltung ist daher in Situationen, wo es um Kooperation geht, immer etwas versetzt. Deswegen hört Ihr Hund besser auf Sie, wenn sie versetzt vor ihm stehen (leicht seitlich) und ihn ansprechen, als wenn Sie frontal auf ihn zugehen.
Mit der Führung von vorne wird einfach ein Prinzip umgesetzt, das NATÜRLICH ANGELEGT ist. Es ist logisch nachvollziehbar für den Hund und Menschen. Die frühe Führung von vorne verhindert gewisse Verknüpfungen, die später zu Aggressionen, Krankheit und Unhändelbarkeit führen können.
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